Klasse statt Masse - damit Traditionsbetriebe überleben

  Von Klassikern und Legenden

Foto - Carlo Riva im Aquarama - www.riva-yacht.com

Wie können in der heutigen Zeit - die Traditionsunternehmen überleben?


Klasse statt Masse. Nach dieser Devise gehen die alteingesessen, teilweise über hundertjährigen Unternehmen, in ihrer Unternehmens- und Produktepolitik vor. Billig-Produkte herzustellen, ist heute im Zeichen des Shareholder Value bei vielen Unternehmen angesagt. Nicht aber bei den  alteingesessenen Traditionsunternehmen.


Mit seinen über 250 Jahren, zählt der Keramikkonzern Villeroy & Boch, zu den ältesten Unternehmen der Welt, doch in seiner Vitalität (er gehört zu den grössten der Branche) ist er kaum zu überbieten.

Die Tischkultur die sie zu pflegen wissen, ist in ihrer Fortschrittlichkeit gegenüber der Konkurrenz weit voraus. So sind in der Porzellanmanufaktur Designs von Kenzo bis hin zu Paloma Picasso vertreten.

Das Geheimnis, heute noch Leader auf dem Markt zu sein, ist mit dem Shop-in-the Shop-Konzept ein Verkaufssystem dem Wiederverkäufer zu bieten, indem sämtliche Produkte, wie Geschirr, Besteck, Glas, Tischtextilien und Möbel vertreten sind. Der Handel weiss dies zu schätzen, denn 85 % der Kaufentscheidungen bei den Konsumgütern werden vom Bauch her getroffen, vom Gefühl.

Bei dem Besteck gibt es eine ähnliche Erfolgsstory zu berichten. So übernahm Hans-Peter Pott vor über 20 Jahren den Besteckbetrieb seines Vaters. Seither wurde die Fabrik restauriert, Arbeitsabläufe reorganisiert und ein professionelles Marketing eingeführt.

Der Name Pott ist in dieser Zeitspanne zu einem Synonym für Besteck geworden und geniesst in den Designkreisen höchstes Renommée.




Dem Leitmotiv und der Tradition seines Vaters, ist er trotz der Restrukturierung treu geblieben, das lautet: Besteck von grösster Funktionalität, höchster Eleganz und zeitloser Gestaltung zu fertigen.

Das Überleben seines Unternehmens ist auch dem Umstand zu verdanken, dass nicht auf Massenprodukte im unteren und mittleren Preissegment, sondern auf den kleinen Nischenbereich des obersten Marktsegments gesetzt wurde.

Diese Besteckmanufaktur zeichnet sich aber auch durch Innovationen aus. So wurde durch einen Schweizer Kunden aus Lugano der Anstoss für ein Parmesan-Messer gegeben. Daraus wurde der Verkaufschlager „Picado“ woraus eine neue Produktelinie geschaffen wurde, ergänzt durch ein Orangenschälmesser, Wiegemesser (für Kräuter etc.) Buttermesser usw.

Das Bekenntnis zu der Philosophie seines Unternehmens lautet: Ein Messer muss vor allem funktionieren, gut und angenehm in der Hand liegen; ein Werkzeug mit Seele sein.

Nach den Traditionsunternehmen mit den Geschirr- und Besteck-Klassikern, könnte man noch die Holzklassiker nennen...


Die Holz-Klassiker sind keine Möbel. Nein, es sind schnelle Motorboote aus Mahagoni, das Deck aus Teak und alle Beschläge sind dick verchromt. Es sind Namen wie Riva, Bosch, Predrazzini oder Diva Royal von Andresen und Bodewig.

Die Runabouts von Riva waren in den 50er und 60er Jahren die Statussymbole von Filmstars und Industriekapitänen. Heute werden diese superschnellen Motorboote von ihren Liebhabern als wertvolle Antiquitäten gehandelt. Diese Boote wurden zur Schau gestellt in vielen Filmen, mit Sophia Loren, Brigitte Bardot, Jean-Paul Belmondo und auch an den Stränden von Cannes, St-Tropez und Monte Carlo wurden sie zur Parade gefahren, mit und ohne Wasserski.

Auch am Comersee, mit seinen alten Villen und Bootshäusern wurden und werden sie heute noch gehegt und gepflegt. Für den Normalbürger waren sie unerschwinglich, waren doch die Preise schon zu dieser Zeit weit über einhunderttausend Schweizer Franken angesiedelt.

Das Geheimnis dieser Unternehmen bestand und besteht heute noch in der exklusiven Verarbeitung von edelsten Materialien, wie Massiv-Mahagoni für den Bootskörper, Teakholz für das Deck, Kalbsleder für die Lederpolster, Motoren von Rolls-Royce für die Schnelligkeit.

Einige Klassiker gibt es auch im Getränkebereich, so zum Beispiel der Pastis.

Die traditionsreiche Firma Pernod im jurassischen Couvay, war damals der grösste Absinth- und Anislikörhersteller der Schweiz, bis zum Verbot durch den Staat. Aus diesem Grunde wurde auch die gesamte Produktion über die Grenze nach Pontarlier ausgelagert. Nur fünf Jahre später wurde auch die Anis- und Absinth-Liköre auch in Frankreich verboten.

Auch der Name Richard ist ein Begriff. So waren doch in den früheren Jahren Richard und Pernod Konkurrenten, die sich bekämpften, bis zum Jahre 1974, als die beiden zum Konzern Pernod-Richard fusionierten.

Das Geheimnis der Überlebens liegt in der Rezeptur des Getränks, die sich seit fast hundert Jahren nicht verändert hat. Alkohol, Anisextrakt, Lakritze und Kräuter, ein Schuss Wasser aus einer Karaffe, der den Schnaps zum milchigen Apéritif verwandelt. Ein Lebensgefühl, wie im Sommer an der Strandpromenade von Cannes, Nizza oder Monte Carlo.

Ein weiteres Marketinggenie der neueren Zeit, ist Diego della Valle von J.P. Tod’s. Er ist der Herrscher über die Statussymbole mit den 113 Noppen.

Er ist der Besitzer eines der grössten Schuhunternehmen der Welt, entstanden durch eine kleine, mittelständische Schuh-Manufaktur, die er von seinem Vater 1975 übernommen hat. (Sein Grossvater war ein schlichter Schuhmacher gewesen)

Die Schuhe, sind keine neue Erfindung von ihm, sondern Rennfahrer-Mokassins der 30er Jahre. Er überarbeitete das Design und verschickte sein neues altes Modell an die Reichen und Schönen der ganzen Welt. Von Sharon Stone bis Liz Taylor und von Arnold Schwarzenegger bis Tom Cruise.
Seine Mokassins werden in 110 Arbeitsschritten, davon 90% von Hand gefertigt, dies rechtfertigt auch den Preis dieser Schuhe.

Sein Geheimnis: Er will keine Trends ausbrüten, sondern Klassiker auf die Welt bringen. Dinge die nicht ersetzbar sind und lange, lange bleiben.

Viele sanierungsbedürftige Traditionsunternehmen in der Schweiz, sind trotz diesen wenigen überlebenden Beispielen, ein Zustand des Jammerns und des Klagens. Sie sind schlecht geführte und gemanagte Unternehmen, die am Tropf der Banken hängen. Die Finanzierung und die Eigenkapitalverzinsung gilt als Cash-flow-Übung. Symbiotisches Fehlverhalten, Chef contra Mitarbeiter oder jeder hat Fehler, ist die Regel. Der Besitzer, in der Funktion als Pionier, ist der auf ihn maßgeschneiderten Firma nicht mehr dem schnell wachsenden Umfeld (Märkte und Konkurrenten) gewachsen.

Diese Unternehmer tun gut daran, frühzeitig ein geeignetes Spezialistenteam einzusetzen, um  eine Restrukturierung oder Revitalisierung einzuleiten. Nur durch diese und weitere Massnahmen können Traditionsunternehmen gerettet werden.

Fazit: Rettet, was sich noch retten lässt!




Für die Beratung und Unterstützung von kleineren und mittleren Unternehmen in der Ostschweiz

Hugo Bühlmann - 071 288 05 51 - www.hugobuehlmann.ch








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